KI & Kreative: Wo ist die Fairness-Grenze?
- susanneschiffauer
- 19. März
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 26. März
KI ist längst Teil meines Alltags. Doch wer zahlt den Preis? Oder lamentieren wir Deutschen jetzt schon wieder?

Es ist ein Mittwoch im März 2025. Nach drei Tagen Arbeit, die sich wie zwei volle Wochen anfühlen (ihr kennt das...), blicke ich auf meine Arbeitsweise zurück. Als Kommunikationsberaterin besteht ein großer Teil meiner Arbeit in Recherche, Schreiben und Redigieren redaktioneller Texte. Fast schon selbstverständlich ziehe ich dabei auch die Hilfe von KI-Plattformen hinzu - wer tut das heute noch nicht?
Doch darf dies wirklich so selbstverständlich und fast schon gedankenlos geschehen? Letztens durfte ich einer Diskussion vom German Creative Economy Summit beiwohnen. In einem spannenden Panel mit Kreativen, Juristen aus dem Verlagswesen und KI-Forschern entbrannte die Diskussion um die Frage, die derzeit viele rund um den Tsunami Künstliche Intelligenz umtreibt - oder sollte ich eher sagen: um die Sorgen rund um Urheberrecht und Fairness? So bot das Panel einen wahrlich brisanten Themen-Mix.

Geht es dir auch so? KI ist längst Teil des Alltags.
ChatGPT hilft mir, Gedanken zu strukturieren, Texte zu ordnen, kurz: schneller zu arbeiten. Und ja, ich nutze das mit einem gewissen Pragmatismus – so wie viele andere auch. Doch genau hier liegt die Spannung.
Während wir alle von KI profitieren, bleibt die Frage: Wer zahlt den Preis?
Katharina Winter ist Justiziarin beim S. Fischer Verlag. Sie beschäftigt sich tagtäglich mit Fragen des geistigen Eigentums und gab sich resigniert und amüsiert zugleich. Lakonisch kommentierte sie den Umgang von kreativen Inhalten bzw. dessen freiverfüglicher Nutzung:
„Mit KI kann man eine ganze Menge machen. Urheberrechtsverletzung zum Beispiel.“
Sie betonte: „Ich will einfach mal wissen, welches meiner Bücher in welcher KI steckt.“ Intransparenz ist einer der größen Pain Points der KI-Kritiker.
KI-Skeptiker gibt es viele. Laut einer Studie von Statworx entzweit KI die deutsche Bevölkerung, und zwar ziemlich genau zur Hälfte. Es entfalte sich ein Spannungsfeld: KI wird von den einen als bahnbrechender Fortschritt gefeiert und von den anderen als Horrorszenario gefürchtet.
So drängt sich die nächste Frage auf, die prompt aus dem Publikum der GCES-Besucher kam: Lamentieren wir Deutschen jetzt schon wieder? Prof. Moritz Eggert sagt Nein. Er ist ist Pianist, stand aber auch als Dirigent, Schauspieler und Sänger auf der Bühne, und befindet ganz klar:
„Die Forderung nach fairer Vergütung ist nie Lamentieren.“

Doch wie sollen Werke vergütet werden, die im Internet frei verfügbar zu sein scheinen? Die meisten KI-Tools bleiben hier intransparent.
Der Faktor der Ambivalenz sorgt für Diskussionsstoff. Denn, wie Dr. Volker Zota, Editor-in-Chief heise medien, ist es ein schwieriger Spagat für Kreative, so zum Beispiel für Musiker:
„Als Künstler muss man heute auffindbar sein! Ich bin gezwungen, das was ich kreativ mache kostenlos auf den Plattformen zur Verfügung zu stellen. Davon profitieren dann wieder die KI Plattformen.“
Diese perfide Tatsache wird durch die Ironie untermauert, dass die KI ständig mit neuen Inhalten gefüttert werden muss. "Hat jemand schon einmal ein Angebot von KI-Konzernen erhalten?" ist die Frage, die als rosa Elefant im Raum steht. Wer verdient eigentlich an welcher Leistung?
Prof. Dr. Sebastian Stober ist KI-Forscher an der Universität Magdeburg, Fakultät für Informatik (FIN) und Institut für Intelligente Kooperierende Systeme (IKS) und Musiker. Er beschreibt KI als Brandbeschleuniger und beschreibt die Situation wütend-amüsiert:
„Wie blöd kann man eigentlich sein? Unser geistiges Eigentum fließt ohne Entgelt ins Ausland und wird dann hier wieder an uns zurückverkauft.“
Das ist so tragisch, dass es fast lustig sein könnte, wenn es nicht so traurig und wahr wäre…
Ganz klar: Die eigentliche Aufgabe ist jetzt, neue, faire Modelle zu finden. Und das ist eine Diskussion, die nicht auf Panels enden darf, sondern in Unternehmen, Agenturen und Studios weitergehen muss.
Wie sagte Dr. Carsten Brosda, Senator für Kultur und Medien, in seiner Opening Key Note?
"Let’s join creative forces!"
Wie das geschehen soll, lässt er offen. Da ist Kreativität gefragt. Fragen wir doch einfach mal die KI.

Photos: Markus Winkler via Unsplash und Susanne Schiffauer
Comments